Zwischen Wirtschaftskrise und Weltkriegen

1914: Julie Bikle

Julie Bikle gründete im August 1914 die private „Ermittlungsstelle für Vermisste, Winterthur“, welche sie weitgehend mit persönlichen Mitteln finanzierte. Mithilfe von zwei bis sechs Frauen und Töchtern aus den höheren gesellschaftlichen Schichten wurde die Ermittlungsstelle bis 1919 aufrechterhalten. Von 3’406 Vermissten, die ihr gemeldet wurden, konnten sie 850 ausfindig machen. Parallel dazu führte Bikle das Geschäft ihrer Familie. Zudem organisierte Bikle im Auftrag des Bundesrates das Ostschweizer
Kinderhilfswerk.

Hier gibt es weitere Hintergrundinformationen zu Julie Bikle.

1914: Der 1. Weltkrieg

1914 erfolgt in der Schweiz die Generalmobilmachung, die Männer rücken ein. Die Schweizerinnen ersetzen Ihre abwesenden Männer und Söhne zu Hause, auf dem Feld und bei der bezahlten Erwerbsarbeit: Diese wird für viele Familien überlebenswichtig, da der Sold der Männer nicht reicht, um das Überleben zu sichern. Der Einsatz der Frauen sichert das Weiterfunktionieren der Schweizer Wirtschaft während der Kriegszeit.

1918: Generalstreik

Eine wichtige Rolle spielten die Frauen im Schweizer Generalstreik: Sie sorgten für Verpflegung und Kinderbetreuung, zogen sie demonstrierend durch die Strassen und sie beteiligten sich an Gleisblockaden. Sie halfen mit, das Alkoholverbot durchzusetzen und versuchten die Soldaten dazu zu bringen, nicht gegen die Streikenden vorzugehen und bei einem allfälligen Schiessbefehl nicht oder in die Luft zu schiessen. Das aktive und passive Frauenwahlrecht stand an prominenter zweiter Stelle im Forderungskatalog. Trotz ihres Engagements für die Schweiz in den 10er-Jahren sollte es noch über 50 Jahre dauern, bis man als Schweizerin abstimmen, ohne Erlaubnis des Ehemannes arbeiten gehen oder ein Bankkonto eröffnen durfte.

1927: Abtreibungen

  • Geschätzt 2 Millionen Abtreibungen in Europa
  • Pro 100 Abtreibungen:
    • 33 Frauen mit schweren    gesundheitlichen Folgen
    • 10 Frauen sterben

 

 

 

 

 

 

1928: Saffa- Schnecke

Anlässlich der ersten schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (Saffa) 1928 zogen Frauen eine übergrosse Schnecke im Umzug mit. Die Schnecke war ein Symbol dafür, wie langsam es in der Schweiz mit der Einführung des Frauenstimmrechts voran ging. Tatsächlich ging es nach 1928 noch langsamer als voran. Im Anschluss an die Saffa wurde 1929 eine Petition für das Frauenstimmrecht eingereicht, diese blieb folgenlos. Auf nationaler Ebene wurde das Frauenstimmrecht aber erst 42 Jahre später, 1971 angenommen.

1929: Wirtschaftskrise

Die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre lässt die Forderungen nach politischer Gleichstellung verstummen. Mit dem Erstarken der konservativen und faschistischen Tendenzen setzt sich ein Gesellschaftsmodell durch, welches die Frauen wieder an den Herd verbannt. BIs heute sind Frauen stärker von Konjunkturschwankungen betroffen als Männer.

1930: Elisabeth Schmid

Elisabeth Schmid arbeitete als Krankenschwester in der Chirurgischen Abteilung des
Kantonsspitals Winterthur und wurde zur Hilfsschwester im Operationssaal befördert.
26-jährig holte sie die Matura nach und studierte Medizin. Nach dem Staatsexamen 1924 arbeitete sie als Assistenzärztin. 1930 eröffnete sie ihre eigene Praxis. Mit dem Velo und dem «geburtshilflichen Koffer» auf dem Gepäckträger besuchte sie Frauen und half über 4000 Kindern auf die Welt.

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1933: Liliane Juchli

Geboren 19. Oktober 1933, gestorben am 30. November 2020

1953 bis 1956 Ausbildung zur Krankenschwester an der Schwesternschule Theodosianum, Zürich

1956– Eintritt in den Orden der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz, Institut Ingenbohl, Schweiz

Eliane Juchli hat massgeblich daran mitgearbeitet, dass der Beruf der Pflegefachperson professionalisiert wurde.  Nur auf dieser Arbeit können anständige Arbeitsbedingungen, Entlöhnungen und Achtung gefordert werden.

1935_Kirchengesetz

1939-1945: der 2. Weltkrieg

„Anders als in den kriegsführenden Ländern, wo die Frauen als Ersatz für die mobilisierten Männer in allen Bereichen der Wirtschaft eingesetzt werden mussten, wurde in der Schweiz die geschlechterspezifische Aufgabenteilung verstärkt.“ (Beatrice Messmer)

Die Arbeitskraft von Frauen sollte trotz oder gerade wegen der wirtschaftlichen Lage der Schweiz vor allem für „Retablierung und Kinderaufzucht“ eingesetzt werden. Angesichts eines scheinbar alarmierenden Geburtenrückgangs erscholl der „Ruf nach der Mutter“. Von Frauen wurde die Rückkehr zur „ursprünglichen Aufgabe“, zum „grossen Lebensauftrag der Mutterschaft“ gefordert.

1942: Schwangerschaftsabbruch

Streng nach dem Buchstaben des Gesetzes gilt in der Schweiz eine der restriktivsten Abtreibungsregelungen in Europa. Gemäss dem Strafgesetzbuch von 1942 ist der Schwangerschaftsabbruch für die schwangere Frau und die Person, die ihn vornimmt, strafbar (Art. 118–121). Eine Ausnahme macht das Gesetz nur bei einer grossen gesundheitlichen Gefährdung der Frau, die von einem zweiten Arzt bzw. einer zweiten Ärztin bestätigt werden muss.

 

Abtreibungen 1929

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1942: Hedwig Arbenz-Huber

Hedwig Arbenz-Huber engagierte sich im zivilen Frauenhilfsdienst. Als Leiterin der Netzgruppen organisierte sie ab 1942 die Bereitstellung von Hilfskräften, Lebensmitteln, Kochstellen und Notlagern. Vier Jahre später rief sie die liberale Frauengruppe Winterthur ins Leben. 1954 wurde auf Initiative von Arbenz-Huber hin in der Frauenzentrale eine Kinderlesestube eingerichtet